Flüchtlinge – ein Thema, das uns alle angeht
Flüchtlinge sind uns fremd, wollen nur unser Geld, sprechen kein Deutsch, sind kriminell, sind zu viele, sind unberechenbar, unfreundlich und undankbar, werden bevorzugt schnell stand diese Liste an der Tafel beim Besuch von Dr. Jörg Sieger, dem Koordinator für ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit beim Caritasverband der Diözese Freiburg. Fr. Heil hatte Dr. Sieger in den Religionsunterricht einer 9. und 10. Klasse eingeladen um zum Thema Flüchtlinge Gedankenanstöße zu geben. Nur wenige Schüler und Schülerinnen hatten bisher Kontakt zu Flüchtlingen, doch alle hatten mehr oder weniger Angst vor ihnen. Schnell wurde klar, dass es undankbare, unberechenbare, unfreundliche Menschen auch unter uns Deutschen gibt und dies kein spezielles Flüchtlingsproblem ist. Für die hohe Anzahl der Flüchtlinge (es sind zu viele!) brauche es Lösungen. Doch wie können die aussehen? Abschieben, verteilen, gar nicht rein lassen, Unterkünfte abfackeln? Anhand des Beispieles einer syrischen Familie erfuhren die Schüler und Schülerinnen, dass es in Deutschland zwar das Recht auf Asyl gibt, dass Asylsuchende aber keine Chance haben, auf legalem Weg nach Deutschland zu kommen. Viele Asylsuchende kämen sich vor wie eine Person, die mit gültiger Fahrkarte vor einem Bahnhof steht, die aber nicht den Bahnhof betreten könne, weil alle Zugänge zugemauert sind. Betroffen hörten die Schüler und Schülerinnen von den Erfahrungen der syrischen Familie auf ihrer Flucht.
Ein häufiges Argument Wir können doch nichts dafür, wenn es Menschen in anderen Ländern so schlecht geht! widerlegte Dr. Sieger mit vielen Beispielen. So müsste z.B. eine Jeans nur 50 ct. mehr kosten, damit Näherinnen in Asien von ihrer Arbeit leben könnten und doch sind deutsche Firmen nicht dazu bereit. Europäische Lebensmittel, die seit dem Freihandelsabkommen EPA mit Ostafrika ohne Zölle eingeführt werden können, zerstören die Lebensgrundlage der kleinen Bauern in Afrika. Und selbst beim Krieg in Syrien spielt Deutschland als drittgrößter Waffenexporteur der Welt eine Rolle mit. Wir produzieren die Leute, die dann als Flüchtlinge zu uns kommen, erklärte Dr. Sieger. Wenn wir wirklich den Namen „Christliches Abendland“ verdienen wollen, dann müsse unser Ziel sein, Menschen, die (aus der Not!) zu uns kommen, menschenwürdig zu behandeln. Dabei gehe es nicht darum Flüchtlinge zu bevorzugen. Flüchtlinge und Arme bei uns dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Er wünsche sich und hoffe, dass Menschen, die sich für Flüchtlinge engagieren, auch den Blick weiten für die Situation von Armen bei uns.
Zum Abschluss forderte Dr. Sieger die Schüler und Schülerinnen eindringlich auf zu denken und nicht alles nachzuplappern. Flüchtlinge dürften nicht in Schubladen gesteckt werden. Genauso wenig wie die Schüler und Schülerinnen selbst in Schubladen gesteckt werden wollten.