„Denn das Netz vergisst nichts“
Ein zu schnell gepostetes, diskriminierendes Foto aus dem Internet entfernen. Kein Problem, meinen die Schüler der siebten Klasse. „Einfach löschen.“ Vom eigenen Smartphone, ok. Aber im Netz bleibe das Foto trotzdem, könne jederzeit irgendwo wieder auftauchen, sagt Medienreferent Uli Sailer. „Denn das Netz vergisst nichts.“ Die Jungen und Mädchen der Alfred-Delp-Realschule sind entsetzt.
Doch es kommt noch schlimmer. Wer hat eine Taschenlampen-App auf seinem Handy? Viele Hände gehen in die Höhe. „Wisst ihr, dass die meisten dieser Apps jederzeit auf eure Kamera zugreifen und Fotos von euch machen können?“ fragt Sailer. „Ohne dass ihr es verhindern könnt!“ Wieder macht sich Entsetzen breit. „Dann klebe ich meine Kamera gleich zu“, meint eine Schülerin. Medienreferent Sailer ist zufrieden: „Schön, dass ihr euch aufregt, denn gegen die Gefahren im Internet müsst ihr selbst etwas tun.“
Sailer ist einer von vier Medienpädagogen, die im Auftrag der Sparkasse Kraichgau-Stiftung an Schulen unterwegs sind, um Grund-, Werkreal- und Realschüler sowie Gymnasiasten und deren Eltern auf die Gefahren des World Wide Webs aufmerksam zu machen. Ein Projekt, das die Sparkasse Kraichgau-Stiftung seit 2014 in Zusammenarbeit mit der „Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg“ (ajs) an den Schulen des Geschäftsgebiets anbietet. Das Interesse der Schulen spricht für sich: 187 Workshops an 31 Schulen für rund 5000 Schüler und 23 Elternabende mit etwa 1000 Zuhörern.
Allein im Schulverbund Ubstadt-Weiher waren 564 Schüler und 52 Eltern dabei. „Auch wenn sie es altermäßig nicht dürfen, WhatsApp ist ab der fünften Klasse fast selbstverständlich“, sagt Rektor Jörg Weber. Er sieht die Schulen in der Pflicht, Schüler zu befähigen, sinnvoll mit den neuen Medien umzugehen. „Wir wollen sie nicht erschrecken oder vom Internet abhalten, sondern sie sensibilisieren, wie gläsern sie werden können und was mit ihren Daten und Fotos passieren kann.“ Die Schule selbst könne sich einen solchen Unterricht freilich gar nicht leisten, merkt Weber an. Weshalb man im Schulverbund der Sparkasse Kraichgau-Stiftung für dieses „Angebot am Puls der Zeit“ sehr dankbar sei.
Gespannt hören die Schüler, wie Messenger Handys ausspionierten. WhatsApp verlange, so Medienreferent Sailer, ausnahmslos alle verfügbaren Berechtigungen, um auf das Handy zuzugreifen. Da der Server in den USA stehe, greife deutsches Datenschutzrecht nicht. Deshalb empfiehlt er als Ersatz SIMSme der Deutschen Post, die mit einer Verschlüsselungstechnik arbeite.
Gerade bei den Social-Media-Plattformen, wie Facebook und Instagram, sei es wichtig, die Einstellungen der Privatsphäre eng einzugrenzen und nicht zu viel von sich preiszugeben. Vor allem bei Google – und hier hätten alle Android-Nutzer ein Konto, weil sie sonst nicht auf die Apps im Playstore zugreifen könnten – sei die Speicherung sehr ausgeprägt, sagt Sailer. Denn Google lösche keine Daten. Zwar könne man diese als User entfernen, das heiße aber nur, dass man sie selbst nicht mehr sieht. Google sammle jedoch über diese Konten und die Suchverläufe jede Menge Daten, die problemlos zu Persönlichkeitsprofilen zusammengeführt werden könnten. Deshalb sei es wichtig, sich die Google-Bedienungsanleitung anzuschauen. Dann könne man weiterhin effektiv suchen, vermeide aber gefährliche Fallen.
Geschenke im Netz gebe es übrigens auch keine. Fragwürdige Apps, die angeblich kostenlose Downloads von Musik und aktuellen Filmen anbieten, oder SMS, die zu Gewinnspielen einladen, hätten meistens einen Haken. „Viele sind gemacht, um eure Handy-Daten – Kontakte, Telefonnummern, Passwörter – auszuspionieren und zu missbrauchen.“ Und so appelliert Sailer an die Jugendlichen: „Überlegt, was ihr postet und achtet immer auf eure Sicherheitseinstellungen.“